FAQ Schutzstreifen für Radfahrende

Veröffentlicht von Walter am

In vielen Kommunen sind Schutzstreifen beliebt. Auch in Hamm wurden in jüngster Vergangenheit beim Ausbau von An Hämmschen in Heessen und der Fangstraße in Pelkum Schutzstreifen verwendet, weil sie einfach und preiswert sind und nur ein wenig Farbe kosten. Das es auch anders geht zeigt Kopenhagen. Dort wurden Radwege konsequent verbreitert und baulich vom Fuß- und Autoverkehr getrennt. Der Erfolg: Dort fahren mehr Menschen mit dem Rad als mit dem Auto – Umwelt, Gesundheit und Lebensqualität der Bürger profitieren.

Was ist ein Schutzstreifen?

Unter einem Fahrradschutzstreifen ist ein Bereich der Fahrbahn zu verstehen, der durch gestrichelte Linien abgetrennt ist und vorrangig dem Radverkehr zur Verfügung steht. Er wird durch das Verkehrszeichen 340 (Markierungen und Piktogramm) ausgewiesen.

Wo dürfen Schutzstreifen eingerichtet werden?

Schutzstreifen können in Deutschland innerorts auf Straßen mit einer zulässigen Höchstgeschwindigkeit von bis zu 50 km/h markiert werden, wenn sich auf dem Fahrbahnteil zwischen den Schutzstreifen zwei Personenkraftwagen gefahrlos begegnen können.

Schutzstreifen dürfen  in Tempo 30-Zonen nicht aufgebracht werden.
Eine Mitbenutzung des Schutzstreifens durch den Kraftfahrzeugverkehr darf nur in seltenen Fällen erforderlich sein (VwV-StVO zu § 2 Absatz 4 Satz 2).

Bei hohem Schwerverkehrsaufkommen soll auf die Anlage von Schutzstreifen verzichtet werden. Ein hohes Schwerverkehrsaufkommen liegt bei täglich mehr als 1000 Schwerlastfahrzeugen vor (Kapitel 3.2 ERA).

Wie breit müssen Schutzstreifen sein?

Schutzstreifen sind in Deutschland mindestens 1,25 m breit. Die Regelbreite eines Schutzstreifens beträgt 1,50 m. Nach derzeitigem wissenschaftlichen Erkenntnisstand sollte die Breite von Schutzstreifen jedoch mindestens 1,85 m betragen. Die Markierung zählt zur Breite eines Schutzstreifens. Die Empfehlungen entstammen der ERA 2010, in StVO und VW-StVO machen keine Angaben zur Breite von Schutzstreifen.

Für wen sind Schutzstreifen geeignet?

Schutzstreifen sind für geübte Radfahrende, die sich sicher im Straßenverkehr bewegen, geeignet. Radfahrende, die eher unsicher sind, weichen lieber auf den Seitenbereich der Straße aus, das ist dann aber oft auch der Gehweg, auf dem Radfahren verboten ist.

Im Grunde sind Schutzstreifen keine eigenständige Radverkehrsinfrastruktur, da sie legal vom Kraftverkehr mitgenutzt werden dürfen. Konflikte und riskante Situationen durch zugestellte Schutzstreifen und zu geringe Sicherheitsabstände zwischen Radfahrenden und Kfz sind häufig.

Dürfen die gestrichelten Linien von KfZ überfahren werden?

Die Markierung dürfen bei Bedarf überfahren werden, wenn eine Gefährdung von Radfahrern ausgeschlossen ist. Der Bedarf ist dann gegeben, wenn z.B. ein LKW oder Bus entgegenkommt und die Fahrbahn nicht ausreicht.

Die Wirklichkeit sieht anders aus. Die Schutzstreifen werden häufig überfahren, man sieht es oft schon an den abgefahrenen Markierungen. Dass man Schutzstreifen nur bei Bedarf überfahren darf, ist fast keinem Autofahrenden bekannt.

Was sind Vorteile von Schutzstreifen gegenüber baulichen Radwegen?

Obwohl sich die meisten Radfahrenden auf einem baulichen Radweg sicherer fühlen, gibt es dort etwa gleich viel Unfälle wir auf dem Schutzstreifen. Auf dem baulichen Radweg ist der Radfahrende oft hinter parkenden Autos verborgen und wird beim Abbiegen leicht übersehen. Auch bei Ausfahrten gibt es häufiger Unfälle zwischen Kraftfahrzeugen und Radfahrenden.

Auf dem Schutzstreifen ist der Radfahrende in der Sicht der Autofahrenden und wird beim Abbiegen nicht so schnell übersehen. Daher sollte es beim Fahren auf der Fahrbahn zu weniger Abbiegeunfällen kommen. Studien kommen aber zu dem Ergebnis, dass die Häufigkeit der Abbiegeunfälle bei beiden Führungsformen etwa gleich ist.

Was unterscheidet Schutzstreifen von Radfahrstreifen?

Ein Radfahrstreifen ist mit einer duchgezogenen Linie von der Fahrbahn getrennt und als Sonderweg für den Radverkehr kein Teil der Fahrbahn. Deshalb gilt § 5 Abs. 4 StVO nicht. Es gelten das allgemeine Rücksichtnahmegebot, das schon bis 1975 Grundlage für Mindestabstände von 1,5 bis 2 m war, sowie das Gefährdungsverbot nach § 1 Abs. 2 StVO. Obwohl es explizit keine Regelung zum einem Abstandsgebot gibt, müssen Kfz-Fahrende Rücksicht nehmen. Oft geschieht das leider nicht.

Darf auf dem Fahrradschutzstreifen gehalten oder geparkt werden?

Das kurzzeitige Halten und Parken ist nicht gestattet. Der Schutzstreifen kann allerdings überfahren werden, wenn in Parkbuchten, Einfahrten oder Straßen abgebogen wird. Auch für das Umfahren eines Hindernisses ist das Überfahren zulässig. Das Halteverbot ist mit der Novellierung der StVO seit dem 28.04.2020 in Kraft. Der zugehörige Bußgeldkatalog ist aber erst seit Herbst 2021 in Kraft und sieht ein Bußgeld von mindestens 55 € vor.

Besteht eine Benutzungspflicht für den Schutzstreifen?

Nein. Da es sich nicht um einem amtlich ausgewiesenen Radweg handelt, besteht keine Benutzungspflicht für Radfahrer. Entsprechend gibt es keine Bußgelder in diesem Zusammenhang. Allerdings gilt das Rechtsfahrgebot, was die Nutzung in der Regel einschließt.

Wie verhalte ich mich als Radfahrer bei Schutzstreifen ohne Sicherheitszone zu parkenden Autos?

„Radfahrer müssen einen ausreichenden Sicherheitsabstand vom rechten Fahrbahnrand und insbesondere von parkenden Kraftfahrzeugen einhalten. Der Abstand muss so bemessen sein, dass den Radfahrer eine sich öffnende Autotür nicht in eine Gefahrensituation bringen kann.“ (LG Berlin, Az. 24 O 466/95)
Falls der Schutzstreifen selbst nicht genügend Breite bietet, muss man dann neben dem Schutzstreifen fahren und den Schutzstreifen quasi als Sicherheitszone zu den parkenden Autos betrachten.

Muss ich auf einem Schutzstreifen ganz rechts fahren?

Es gilt für alle Verkehrteilnehmende ein Rechtsfahrgebot, auch für Radfahrende. Aber oft sind Schutzstreifen überhaupt nicht breit genug und führen an parkenden Autos vorbei. Man sollte bei Schutzstreifen so verhalten, als würde es sie nicht geben. Gerade im Bereich Überquerungshilfen, bei denen der Abstand beim Überholen überhaupt nicht eingehalten werden kann, sollte der Radfahrende in der Mitte der Fahrbahn fahren, um zu signalisieren, dass hier nicht überholt werden kann.

Gehört die Gosse zur Breite des Schutzstreifens? 

Eine ’nicht befahrbare‘ Gosse gehört nicht zur Fahrbahn und damit auch nicht zum Schutzstreifen. Die Stadt Hamm scheint das nicht so zu sehen, man betrachte mal den Schutzstreifen “Am Hämmschen” in Heessen.

Gilt beim Überholen von Fahrrädern auf einem Schutzstreifen das Abstandsgebot von 1,5 m?

Weil der Schutzstreifen kein anderer Straßenteil ist, sondern zur Fahrbahn gehört, schützt das Abstandsgebot des § 5 Abs. 4 S. 2 StVO für das Überholen Radfahrende auf dem Schutzstreifen unmittelbar.

Wie müssen sich Autofahrer verhalten, wenn keine 1,5 m Platz beim Überholen ist?

Kann ein PKW den Abstand von 1,5 m beim Überholen nicht einhalten, kann nicht überholt werden. Faktisch entspricht das einem Überholverbot. 

Gilt der Abstand von 1.5 m auch beim Überholen von Fahrrädern auf einen Radfahrstreifen?

Radfahrstreifen werden im Gegensatz durch eine durchgezogene Linie von der Fahrbahn getrennt. Sie gelten damit nicht mehr als Teil der Fahrbahn. Die rechtliche Situation ist hier umstritten, in der Regel wird von den Kfz-Fahrenden kein Abstand eingehalten. Daher auch die Forderung Protected Bike Lanes einzurichten.
Es gelten aber das allgemeine Rücksichtnahmegebot, das schon bis 1975 Grundlage für Mindestabstände von 1,5 bis 2 m war, sowie das Gefährdungsverbot nach § 1 Abs. 2 StVO. Obwohl es explizit keine Regelung zum einem Abstandsgebot gibt, müssen Kfz-Fahrende daher Rücksicht nehmen.

Warum ist im Kreisverkehr kein Schutzstreifen?

Schutzstreifen sind in Kreisverkehren nicht zulässig (VwV-StVO zu § 2 Absatz 4 Satz 2; Kapitel 4.5.1 ERA).

Darf ich auf einen Schutzstreifen entgegensetzt zur Fahrrichtung Fahren?

Nein – das ist gefährlich und führt zu Unfällen. In (unechten) Einbahnstraßen gibt es häufig nur einen Schutzstreifen für den Radverkehr in Gegenrichtung. Der darf aber auch nur in Gegenrichtung benutzt werden. In Richtung der Einbahnstraße fährt man mit dem Fahrrad ganz normal auf der Fahrbahn.

Quellen


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