Radfahren in Hamm: Zwischen Idyll und Irrsinn – Stimmen aus dem Fahrradklimatest 2024

Veröffentlicht von Walter Hupfeld am

Die Stadt Hamm erreicht im aktuellen ADFC-Fahrradklimatest 2024 mit einer Gesamtnote von 3,75 den ersten Platz auf Landesebene und Rang 10 bundesweit für Städte zwischen 100.000 und 200.000 Einwohnern. Trotz dieser vergleichsweise guten Platzierung zeigen die Detailergebnisse deutlichen Handlungsbedarf, insbesondere bei Sicherheit und Komfort für Radfahrende.

Besonders kritisch bewerten die Teilnehmenden die Bereiche Sicherheit beim Radfahren (Note 4,1) und Komfort (Note 4,4). Das Sicherheitsgefühl, Konflikte mit Kfz sowie Hindernisse auf Radwegen werden nur mit „ausreichend“ bis „mangelhaft“ beurteilt. Auch die Breite und Oberfläche der Wege, die Führung an Baustellen sowie die Fahrradmitnahme im Öffentlichen Verkehr schneiden mit Noten zwischen 4,4 und 4,7 schlecht ab. Diese Schwächen beeinträchtigen die Attraktivität und Sicherheit des Radverkehrs in Hamm erheblich.

Positiv hervorgehoben werden die Erreichbarkeit des Stadtzentrums (Note 2,4) und die Möglichkeit des zügigen Radfahrens (2,8). Hier profitieren Radfahrende von einer guten Infrastruktur.

Die Stadt Hamm nennt sich fahrradfreundlich – doch was denken die Radfahrenden wirklich? Beim Fahradklima-Test des ADFC wurden zahlreiche Freitext-Antworten zur Radinfrastruktur gegeben. Das Ergebnis ist ein vielstimmiges Echo zwischen Lob, Frust und klaren Forderungen. Mit Hilfe einer KI wurden die Rückmeldungen geclustert und mit Originalzitaten angereichert.

Zustand der Radwege: Schlagloch statt Schubkraft

Die häufigste Kritik betrifft den baulichen Zustand der Radwege. Unebenheiten durch Baumwurzeln, Schlaglöcher und schlecht reparierte Abschnitte dominieren das Bild.

„Die Oberflächenbeschaffenheit ist auf vielen Radwegen in der Stadt sehr schlecht. […] Schlaglöcher, Gullideckel oder andere Unebenheiten.“

„Sogar mit Kindersitz bleibt einem oft nichts anderes übrig, als mitten auf der Fahrbahn zu fahren – gefährlich!“

Sicherheit: Lebensgefahr statt Lebensqualität

Viele Radfahrende empfinden Hamm als gefährlich – besonders im Mischverkehr mit Autos. Abstandsregeln werden nicht eingehalten, das Verhalten vieler Autofahrenden wird als rücksichtslos empfunden.

„Das Radfahren in Hamm ist ‚lebensgefährlich‘!!!“

„Autofahrer rechnen nicht mit Radfahrern. Haltelinien fehlen, Schulterblick findet nicht statt.“

Infrastruktur & Netzplanung: Stückwerk statt Strategie

Die Nutzer:innen bemängeln eine lückenhafte und unlogische Verkehrsführung. Wege enden im Nichts, Umleitungen wirken nicht durchdacht.

„Radwege enden abrupt auf der Straße oder in Grünflächen/Bäumen.“

„Die Maßnahmen wirken wie Insellösungen – keine durchgängige Netzstrategie.“

Ampelschaltungen & Kreuzungen: Geduldspiel mit Risiko

Viele Beiträge kritisieren lange Wartezeiten an Ampeln und unübersichtliche Kreuzungen.

„Die Ampelschaltungen sind für Radfahrer katastrophal. Teilweise wartet man über zwei Minuten.“

„Insbesondere Kreuzungen sind eine Zumutung – Abbiegen nicht vorgesehen.“

Wartung & Sauberkeit: Scherben und Gestrüpp

KI erzeugt – Scherben auf den Radweg

Radwege werden laut vielen Teilnehmenden zu selten gereinigt. Überwuchernde Büsche, Müll, E-Scooter und Glasscherben sorgen für zusätzlichen Stress.

„Sehr viel Glas auf den Radwegen – besonders in der Innenstadt.“

„E-Scooter als Hindernis, Müll auf dem Weg, Büsche wachsen in den Weg.“

Ländliche Stadtteile & Pendelstrecken: Infrastrukturwüste

Besonders aus den äußeren Stadtteilen kommt Frust über fehlende sichere Verbindungen zur Innenstadt oder in Nachbarorte.

„Es fehlen Radwege zwischen den Stadtteilen. Oft muss man gefährliche Landstraßen nutzen.“

„Von Südinker nach Rhynern? Ich habe Angst um mein Leben!“

Positives: Grün, Engagement, Potenzial

Lippebrücke Hamm

Zwischen all der Kritik gibt es auch Lob: für grüne Wege, erste Fortschritte und das Engagement Einzelner.

„Das Radfahren in Hamm macht Spaß – es gibt viele schöne Wege durch Grünanlagen.“

„Man merkt, dass sich etwas tut – auch wenn es nur kleine Schritte sind.“

Fazit: Hamm hat Potenzial – aber der Weg ist noch weit

Die Rückmeldungen zeigen: Hamm ist auf dem Weg zur fahrradfreundlichen Stadt, aber aktuell noch weit vom Ziel entfernt. Infrastruktur, Sicherheit und Kommunikation müssen besser werden. Die Stadtverwaltung ist gefragt, auf die Stimmen der Radfahrenden nicht nur zu hören, sondern sie ernst zu nehmen und aktiv umzusetzen.



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