Lärm macht krank – das ist der Politik und der Presse in Hamm aber egal

Lärm macht krank – und bleibt trotzdem Alltag
Dass Verkehrslärm ernsthafte gesundheitliche Folgen hat, ist unbestritten: Er fördert Herz-Kreislauf-Erkrankungen, erhöht das Risiko für Schlaganfälle und beeinträchtigt nachhaltig die Lebensqualität. Die Europäische Union hat deshalb klare Vorgaben gemacht: Wenn festgelegte Lärmschwellen überschritten werden, müssen Städte und Gemeinden alle fünf Jahre einen Lärmaktionsplan vorlegen – mit verbindlichen Maßnahmen zur Lärmminderung und unter aktiver Beteiligung der Öffentlichkeit.
In Deutschland gelten 59 dB(A) tagsüber und 49 dB(A) nachts in Wohngebieten als Grenzwerte. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt sogar deutlich niedrigere Werte. Doch in Hamm wird diese Verantwortung auffällig ignoriert.
Bürgerbeteiligung? Nur auf ausdrücklichen Druck
Die Bürgerbeteiligung ist kein freiwilliges Extra, sondern gesetzlich vorgeschrieben. Doch wer in Hamm davon erfahren wollte, dass er oder sie sich zum Lärmaktionsplan äußern kann, musste schon sehr genau hinsehen. Erst auf meinen Hinweis wurde die Presse überhaupt auf die laufende Beteiligung aufmerksam. Eine Presseerklärung der Stadt Hamm gab es nicht, angeblich eine Amtliche Mitteilung, fragt sich nur, wo die erschienen ist.
Dass die Stadtverwaltung das Beteiligungsverfahren derart unter dem Radar laufen ließ, ist mehr als ein Versehen – es ist ein Affront gegenüber allen Menschen, die tagtäglich unter dem Verkehrslärm leiden. Statt Dialog gibt es Schweigen, statt Transparenz Bürokratieversteckspiele.
Der Lärmschutzplan wurde im Dezember im Rat der Stadt verabschiedet, weder der Westfälische Anzeiger noch die Lippewelle Hamm haben darüber berichtet. Leserbriefe zum Thema Lärmaktionsplan landen im Papierkorb.
Tempo 30 wirkt – und wird in Hamm trotzdem verweigert
Die Reduktion der zulässigen Höchstgeschwindigkeit auf 30 km/h ist die wirksamste Einzelmaßnahme gegen Verkehrslärm im innerstädtischen Raum. Studien zeigen: Eine Senkung von 50 auf 30 km/h bringt eine Lärmminderung um bis zu 3 dB(A) – ein Wert, der als deutlich hörbar gilt. Zudem verbessert sich die Verkehrssicherheit messbar.
Andere Städte handeln: Dortmund hat am 22. Mai für zahlreiche Hauptstraßen wie die Mallinckrodtstraße und Faßstraße Tempo 30 beschlossen. Dort setzt man ein klares Signal für Gesundheit und Lebensqualität.
Und Hamm? Verdrängen statt handeln
In Hamm überschreiten Straßen wie Alleestraße und insbesondere die Wilhelmsstraße die Grenzwerte. Auf Letzterer kommt eine überdurchschnittlich hohe Unfallhäufigkeit hinzu. Doch die Stadtverwaltung lehnt eine Geschwindigkeitsbegrenzung ab – angeblich wegen angeblicher Auswirkungen auf den Busverkehr oder einer ohnehin geplanten Asphaltdecke.
Diese Argumente wirken vorgeschoben – und sie sind ein Schlag ins Gesicht der Betroffenen. Statt ihre Sorgen ernst zu nehmen, wird ihnen bedeutet: „Lärm müsst ihr eben aushalten.“ Dass Tempo 30 sehr wohl möglich ist, zeigt das Beispiel Dortmund. Hamm jedoch wählt den bequemeren Weg – den Weg des Stillstands.
Familienfreundlich? Nur auf dem Papier
Hamm rühmt sich gerne als „familienfreundlichste Stadt Deutschlands“. Doch dieses Selbstbild kollidiert mit der Realität. Wer Familienfreundlichkeit ernst meint, darf die gesundheitliche Belastung von Kindern, Eltern und älteren Menschen durch Straßenlärm nicht ignorieren.
Die Weigerung der Stadt, wirksamen Lärmschutz umzusetzen, ist eine Prioritätensetzung gegen die Gesundheit ihrer Bürgerinnen und Bürger – und für freie Fahrt um jeden Preis. Es entsteht der Eindruck: Was zählt, ist nicht das Wohl der Menschen, sondern die ungestörte Dominanz des Autos.
Die Verkehrswende beginnt hier – oder sie findet gar nicht statt
Lärmschutz ist Klimaschutz, Gesundheitsschutz und Stadtentwicklung zugleich. Es braucht keine neuen Erkenntnisse, sondern endlich den politischen Willen zum Handeln. Die rechtlichen Grundlagen sind da, die Lösungen bekannt – was fehlt, ist der Mut.
Hamm hat die Chance verpasst, zu zeigen, dass der Schutz der Menschen mehr zählt als die Bequemlichkeit des motorisierten Verkehrs.
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