Ausgewählte Ergebnisse der Unfallstatistik Hamm

Veröffentlicht von Walter am

Das Statistische Bundesamt veröffentlicht jährlich Daten zu allen Straßenverkehrsunfällen mit Personenschaden. Zu jedem Unfall werden die Unfallart, die beteiligte Fahrzeugklasse, der Zeitpunkt, der Ort und die Unfallschwere angegeben. Diese Daten werden auch für die Unfallkarte Hamm  verwendet.

Aus den Daten lassen sich interessante und zum Teil überraschende Informationen ableiten.

Jeder dritte Unfall eines PKWs mit Personenschaden trifft einen Radfahrer oder einen Fußgänger

36 % der Pkw-Unfälle mit Personenschaden betreffen Radfahrer oder Fußgänger. Es liegt auf der Hand, dass bei einem Unfall mit einem Pkw der Radfahrer oder Fußgänger verletzt wird. Immer dann, wenn ein mit tonnenweise Stahl, Sicherheitsgurten und Airbag ausgestatteter Pkw auf die schwächsten Verkehrsteilnehmer trifft, ist das Ergebnis vorhersehbar.

Schuld an der hohen Zahl von Unfällen mit den schwächsten Verkehrsteilnehmenden sind Mängel in der Infrastruktur, z.B. das Fehlen getrennter Ampelphasen für  Fußgänger/Radfahrer und Pkw? Dazu weiter unten mehr.

Fast zwei Drittel aller Fahrradunfälle findet beim Einbiegen/Kreuzen und Abbiegen statt

64.2 % aller erfassten Unfälle sind Abbiege-, Einbiegen- und Kreuzungsunfälle.

Die Beschreibung eines Abbiege-Unfalls lautet: “Der Unfall wurde ausgelöst durch einen Konflikt zwischen einem Abbieger und einem aus gleicher oder entgegengesetzter Richtung kommenden Verkehrsteilnehmers (auch Fußgänger!) an Kreuzungen, Einmündungen, Grundstücks- oder Parkplatzzufahrten.” 

“Der Einbiegen/Kreuzen-Unfall wurde ausgelöst durch einen Konflikt zwischen einem einbiegenden oder kreuzenden Wartepflichtigen und einem vorfahrtberechtigten Fahrzeug an Kreuzungen, Einmündungen oder Ausfahrten von Grundstücken und Parkplätzen.”

Radfahrerinnen und Radfahrer verunglücken an Kreuzungen, Grundstücksausfahrten und Parkplätzen. Häufig werden sie von abbiegenden Autofahrerinnen und Autofahrern übersehen. 

Insgesamt drei Verkehrstote in Hamm, zwei davon Radfahrende

Die Statistik weist bei den Unfällen mit Personenschäden drei Kategorien auf.

Getötete: Personen, die innerhalb von 30 Tagen an den Unfallfolgen starben

Schwerverletzte: Personen, die unmittelbar zur stationären Behandlung (mindestens 24 Stunden) in einem Krankenhaus aufgenommen wurden

Leichtverletzte: alle übrigen Verletzten

In Hamm gab es in 2022 zwei getötete Radfahrende und 1 Frau, die unter ihren eigenen PKW geraten ist. In der bundesweiten Statistik ist zu erkennen, dass es innerhalb geschlossener Ortschaften weniger tödlich verletzte Pkw-Fahrer gibt, die meisten auf Landstraßen. Bei Radfahrenden sind die meisten tödlich Verunglückten innerhalb geschlossener Ortschaften. Bei Geschwindigkeiten unter 60 km/h ist die Wahrscheinlichkeit für tödliche Verletzungen im PKW gering, bei Radfahrenden endet ein Unfall mit 60 km/h in der Regel tödlich. 

Viele Unfälle von Radfahrenden waren Zusammenstöße mit einem Pkw

Über 70 % der Unfälle von Radfahrern waren Verkehrsunfälle mit Pkw. An zweiter Stelle stehen Alleinunfälle oder Unfälle mit anderen Radfahrern. Leider lässt sich aus der Statistik nicht differenzieren, was Unfälle mit anderen Radfahrern oder Alleinunfälle sind. Unfälle mit Lkw ereigneten sich im Jahr 2022 nur mit zwei Leichtverletzten. Hinter „Sonstige“ verbergen sich Busse und Bahnen. Hier gab es in Hamm 12 Unfälle, auch mit Schwerverletzten.

Dunkelziffer

Gerade bei Alleinunfällen gibt es eine hohe Dunkelziffer. In der Statistik tauchen nur die Unfälle auf, bei denen die Polizei eine Unfallaufnahme durchgeführt hat. Ein Forschungsbericht der Bundesanstalt für Straßenwesen schätzt die Dunkelziffer auf 70%. Eine andere Studie geht von höheren Werten aus: “In Untersuchungen zur Dunkelziffer von Fahrradunfällen wird davon ausgegangen, dass bis zu 98 Prozent der Alleinunfälle nicht polizeilich gemeldet werden.” 

In der Publikation “Münsteraner Fahrradunfälle im Lauf der Zeit” heißt es. “Im Jahr 2009 zeigten Juhra et al. eine deutliche Diskrepanz zwischen der Zahl der von der Polizei erfassten Fahrradunfälle und der Zahl der verunglückten Radfahrer, die sich im Krankenhaus vorstellten. 67,9 % der Fahrradunfälle von Patienten, die sich selbst im Krankenhaus vorstellten, wurden von der Polizei nicht erfasst. Die daraus resultierende hohe Dunkelziffer von Fahrradunfällen in vielen Statistiken, die auf den Daten polizeilich erfasster Unfälle beruhen, wie z. B. die Statistiken des Bundesamtes für Verkehr, ist problematisch, da diese Statistiken oft die Grundlage für politische und infrastrukturelle Entscheidungen sind.”

Unfallursachen

Die Statistik der Bundeszentrale enthält keine Unfallursachen. Die Unfallforschung der Versicherer (UDV) hat zum Thema innerörtliche Fahrrad- und Fußgängerunfälle eine Studie mit interessanten Ergebnissen erstellt. Die Studie betrachtete das Unfallgeschehen in Berlin und die konkreten Zahlen sind daher nur zum Teil auf andere Städte übertragbar, in der Tendenz werden die Ergebnisse der Studie überall gelten.

Das Fehlverhalten bei Verkehrsunfällen mit Radfahrerbeteiligung teilt sich etwa zur Hälfte auf Radfahrer und Pkw-Fahrer auf. Bei den Radfahrenden ist die Benutzung der falschen Fahrbahn das häufigste Fehlverhalten, gefolgt von Missachtung von Lichtzeichen und Alkohol. Vielen Radfahrenden ist nicht bewusst, wie gefährlich es ist, den Radweg entgegen der Fahrtrichtung zu benutzen, da sie dann von anderen Verkehrsteilnehmern nicht wahrgenommen werden. Das Linksfahren von Radfahrenden kann durch die hohe Trennwirkung einer Straße begünstigt werden, d.h. das verkehrswidrige Linksfahren wird eher in Kauf genommen als das zweimalige Überqueren einer stark befahrenen Straße.

Bei den Autofahrern liegt der Schwerpunkt des Fehlverhaltens beim Abbiegen und bei der Nichtbeachtung der Vorfahrtsregeln.

Die Studie der UDV weist aber auch auf infrastrukturelle Mängel hin. 

Bei Abbiegeunfälle sind dies u.a. folgende Mängel:

  • Durch Sichthindernisse im Seitenraum können Fußgänger und Radfahrer beim Abbiegen übersehen werden.
  • Aufgrund unzureichender oder fehlender Markierung von Fußgänger- und Radfahrer- furten rechnen Kfz-Fahrer ggf. nicht mit Rad-fahrern oder Fußgängern und übersehen diese beim Abbiegen.
  • Durch zu weit abgesetzte Fußgängerfurten wird die Wartepflicht der Kfz-Fahrer gegenüber den Fußgängern nicht mehr deutlich.
  • Fehlende getrennte Lichtsignalphasen für Abbieger sowie Fußgänger und Radfahrer führen vermehrt zu Abbiegeunfällen.
  • Aufgrund großer Abbiegeradien an Knotenpunkten können Kraftfahrzeuge zu zügig abbiegen und Radfahrer und Fußgänger werden schnell übersehen.

Bei Kreuzen-, Einbiegen- und Überschreiten-Unfälle werden folgende Mängel in der Studie beschrieben.

  • Durch Sichthindernisse im Seitenraum können auch kreuzende oder querende Fußgänger und Radfahrer übersehen werden.
  • Ungünstige Kreuzungswinkel von Verkehrsströmen führen zum einen zur Missdeutung der Vorfahrt und zum anderen zu hohen Ein- fahrgeschwindigkeiten von Kraftfahrzeugen
  • Fehlende oder unwirksame geschwindigkeitsdämpfende Maßnahmen an Einmündungen von verkehrsberuhigten Wohnstraßen zu Hauptverkehrsstraßen führen dazu, dass kreuzende Fußgänger und Radfahrer beim Einbiegen oder Kreuzen übersehen werden.

https://adfc-berlin.de/radverkehr/sicherheit/information-und-analyse/121-fahrradunfaelle-in-berlin-unfallstatistik/154-die-wichtigsten-fakten-aus-der-polizeilichen-unfallstatistik.html

https://www.udv.de/resource/blob/79324/c290c92fc2f0712187c0dd3167c6fc2e/39-inneroertliche-unfaelle-mit-fg-und-rf-data.pdf


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