Ohne Einschränkungen für Pkw keine Verkehrswende

Veröffentlicht von Walter am

Leserbrief zum Artikel “Das Ticket liegt im Schrank” im WA vom 8.12.2023

Die Stadt Hamm will den Nahverkehr stärken und bietet seit dem 1. August ein kostenloses Ticket für Schülerinnen und Schüler an. Jetzt haben die Verkehrsbetriebe eine Fahrgastzählung im Schülerverkehr durchgeführt und sind von den Ergebnissen enttäuscht. Die Fahrgastzahlen sind gegenüber der Zeit vor den Sommerferien nur um 12 bis 15 Prozent gestiegen, was in etwa dem saisonbereinigten Fahrgastzuwachs entspricht.

© Kinder aufs Rad – Fey

Der Umstieg auf den ÖPNV gestaltet sich in Hamm als schwierig, der ÖPNV-Anteil am Verkehr (Modal Split) liegt bei nur 8 %, was im Vergleich zu anderen Städten sehr niedrig ist. Der kürzlich beschlossene Nahverkehrsplan sieht ab 2025 die Einführung von Metro-Bussen im 10-Minuten-Takt auf einigen Linien vor, doch dies allein wird nicht ausreichen, um eine Verkehrswende herbeizuführen – sprich, den umweltschädlichen Verkehr zugunsten klimafreundlicher Alternativen zu verlagern.

Anreize allein reichen nicht – Studie der TU Dortmund

Selbst wenn es gelingt, durch Anreize mehr Menschen zum Umstieg auf Busse, Fahrräder und Fußwege zu bewegen, wird sich die Nutzung von Autos laut einer Studie der TU Dortmund kaum ändern. Neben dem Ausbau des Angebots sind daher auch Einschränkungen beim motorisierten Individualverkehr erforderlich. Die TU-Studie hebt hervor, dass viele verkehrspolitische Programme den Aspekt der Einschränkung des Autoverkehrs vernachlässigen. Trotz steigender Anteile von Fahrrad- und ÖPNV-Nutzung nimmt der Gesamtverkehr mit Autos in den untersuchten Städten weiter zu.

Die Autoren der Studie schlagen daher vor, dass Städte ihre Straßeninfrastruktur so umgestalten, dass mehr Platz für Fahrräder und Fußgänger geschaffen und gleichzeitig der Autoverkehr eingeschränkt wird. Wie das funktionieren kann, zeigen uns Städte wie Paris oder Amsterdam.

Schulstraßen für mehr Sicherheit

Auch die Einrichtung von Schulstraßen könnten zu einem veränderten Verhalten beitragen. Unter einer Schulstraße versteht man die zeitweise Sperrung einer Straße für den Autoverkehr während der Bring- und Abholzeiten in der Nähe von Schulen. Dies würde die Sicherheit der Rad fahrenden und zu Fuß gehenden Schülerinnen und Schüler erhöhen und möglicherweise Eltern dazu bewegen, ihre Kinder nicht mit dem Auto bis vor die Schultür zu bringen, sondern auf das kostenlose Ticket zurückzugreifen.

© Kinder aufs Rad – Stephan Flach

In Österreich sind Schulstraßen bereits in der Straßenverkehrsordnung verankert. Ein aktuelles Rechtsgutachten zeigt, dass Schulstraßen auch in Deutschland möglich sind. Eine Aufnahme in die Straßenverkehrsordnung wäre wünschenswert. Allerdings hat die CDU die Novellierung des StVG und damit die Neufassung der Straßenverkehrsordnung im Bundesrat aus reinem Populismus scheitern lassen, obwohl der zuständige Ausschuss die Zustimmung empfohlen hatte. Das FDP-geführte Ministerium lehnt nun die Anrufung des Vermittlungsausschusses ab, so dass eine Verabschiedung in dieser Legislaturperiode unwahrscheinlich ist.

Keine guten Aussichten für eine erfolgreiche Verkehrswende. Der Klimaschutz im Verkehrssektor kommt nicht von der Stelle.

Studie der TU Dortmund “Wirksamkeit strategischer Verkehrsplanung und Verkehrspolitik”

Schulstraßen


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