Unfälle mit Fahrrädern und Pedelecs sind 2022 gegenüber dem Vorjahr stark gestiegen

Veröffentlicht von Walter am

Am 1. März 2023 hat die Polizei Hamm die Verkehrsunfallbilanz für 2022 vorgestellt und registriert dabei eine leicht rückläufige Zahl von Verkehrsunfällen. Insgesamt suggeriert der Pressebericht und die Grafiken in der Präsentation langfristig sinkende Unfallzahlen auch bei den verunglückten Radfahrenden.

Nach der Pandemie ist die Zahl der Unfälle mit Fahrrädern aber gebenüber dem Vorjahr stark gestiegen, bei Pedelecs sogar um 24,1 %. 200 Fahrradunfälle in einem Jahr in Hamm sind zu viele. Dazu kommt noch die Dunkelziffer der nicht von der Polizei erfassten Unfälle, die bei Fahrrädern sicherlich deutlich höher ist als bei PKWs.

Zu Fahrrädern kommen als Verkehrsmittel mit Bereich Nahmobilität auch noch E-Scooter hinzu. Mit der zunehmenden Verbreitung auch privater E-Scooter gibt es auch hier eine Zunahme von Unfällen. In 2022 gab es 16 Unfälle mit E-Scootern, im Jahr 2021 waren es 9. Addiert man diese Unfälle zu den Unfällen mit Radfahrenden, gibt es eine steigende Tendenz von Unfällen im Bereich Nahmobilität. 

Leider gibt es in der von der Polizei Hamm veröffentlichten Statistik keine Angaben zu verunglückten Fußgängern

Tödliche Unfälle mit Radfahrenden

Letztes Jahr sind zwei Radfahrende nach Fahrradunfällen an ihren Verletzungen gestorben. Nachdem es mehrer Jahre keine tödlichen Unfälle mit Radfahrenden gab, starb in 2021 Jahr ein Radfahrer an der Kreuzung Friedrichstraße/Neue Bahnhofstraße und starben 2022 ein Radfahrer in Heessen an der Kreuzung Am Vogelsang/Bernhard-Droste-Weg und eine Radfahrerin an der Kreuzung Piebrockskamp/Schlägelstraße. Bei allen Unfällen traf die Radfahrenden, soweit sich das durch die Polizeimeldungen abschätzen lässt, keine Schuld.

Zum Unfall Am Vogelsang veröffentlichte die Polizei keine Pressemitteilung, daher hat der ADFC hier keine Mahnwache abgehalten und kein Geisterrad aufgestellt, im Gegensatz zu den Unfällen in der Neuen Bahnhofstraße und im Piebrockskamp.

Obwohl die Landesregierung im Nahmobiliätsgesetz und der Bund im Nationalen Radverkehrsplan sich dem Ziel Vision Zero, d.h. keine Schwerverletzten und Toten im Straßenverkehr,  verpflichtet haben, sind wir hiervon noch weit entfernt.

Sind Senioren für den starken Anstieg bei Pedelecunfällen verantwortlich?

In der Presseerklärung erweckt die Hammer Polizei den Eindruck, dass Senioren Ursache der stark steigenden Zahlen bei Pedelec-Unfällen sind. “Die Polizei Hamm setzt auch weiterhin auf die zielgruppenorientierte Präventionsarbeit, wie die Bekämpfung von Radfahrunfällen und Pedelec-Trainings für Senioren.” Auch der Innenminister Herber Reul hat bei der Vorstellung der Unfallzahlen erklärt „Weil die Unfallzahlen [mit Pedelecs] seit Jahren steigen, haben wir sowohl ein generelles Pedelec-Problem als auch ein besonders tödliches Pedelec-Problem bei älteren Menschen.“

Prävention ist gut, und ältere Menschen sind bei Stürzen aufgrund ihres Alters häufiger von schweren Verletzungen betroffen. Auswertungen des Statistischen Bundesamtes zeigen aber, dass die Zunahme bei den verunglückten Pedelecnutzern vor allem auf  jüngere Jahrgänge zurückzuführen ist.

Pedelecunfälle bundesweit bis 2021
Pedelecunfälle NRW bis 2022

Verunglückte Kinder

Die Hammer Polizei schreibt in ihrer Pressemitteilung vom 1.März von weniger verunglückten Kindern als vor der Corona-Pandemie. Die veröffentlichten Zahlen zeigen ein anderes Bild. Die Gesamtzahl der verunglückten Kinder hat die Höhe der Zahlen vor 2021 erreicht. Im Diagramm ist die Zahl der radfahrenden Kinder mit Fahrradunfällen wiedergegeben. 

Bis auf das Ausnahmejahr 2021 gibt es seit 2018 eine steigende Tendenz.

Die Polizei versucht durch eine Reihe von Maßnahmen wie Radfahrausbildung in der 4. Klasse, Tempo 30 Aktionen vor Grundschulen, der technischen Überprüfung von Fahrrädern in der Schule (Hammer TÜF) und der Sensibilisierung des Gefahrenbewusstseins für Radfahrende in der 5. Klasse den Unfallzahlen bei Kindern entgegenzuwirken. Auch die Einführung von Tempo 30 vor vielen Schulen und Kindergärten im letzten Jahr ist eine positive Entwicklung, ersetzt aber nicht eine deutliche Verbesserung der Radinfrastruktur.

Maßnahmen für weniger Radunfälle in Hamm 

Während die Polizei Hamm auf Prävention und gezielte Verkehrskontrollen durch Fahrradstreifen setzt, sind Mängel in der Radinfrastruktur für die Polizei kein Thema bei der Präsentation der Unfallzahlen.

Tatsächlich verhalten sich viele  Radfahrende verkehrswidrig. Fahren ohne Licht, Benutzung des Gehwegs, Fahren auf Radwegen entgegen der Fahrtrichtung, Missachtung von Verkehrszeichen sind gefährlich und sollten geahndet werden. 

Wünschenswert wäre aber auch repressive Maßnahmen gegen Autofahrende, die sich nicht an Regeln halten. Die Nichteinhaltung des Abstands von 1,5 m beim Überholen wird überhaupt nicht kontrolliert, ebenso werden in den Städten Geschwindigkeitsbegrenzungen häufig überschritten, Kontrollen sind nicht ausreichend und werden sogar vorher angekündigt. Parken und Halten auf Schutzstreifen, Rad- und Gehwegen sind immer wieder zu beobachten, hier wären repressive Maßnahmen durchaus angebracht.

Gute Radinfrastruktur verhindert Unfälle

Eine gute Radinfrastruktur ist von entscheidender Bedeutung, um Fahrradunfälle zu verhindern. Radfahren ist nicht nur eine umweltfreundliche Art der Fortbewegung, sondern auch eine gesunde Alternative zum Autofahren. Allerdings können unzureichende Radwege und eine mangelhafte Infrastruktur zu gefährlichen Situationen führen und das Unfallrisiko für Fahrradfahrer erhöhen.

Eine gute Radinfrastruktur umfasst nicht nur separate und sichere Radwege, sondern auch Maßnahmen wie Geschwindigkeitsbegrenzungen, Fahrradstraßen und Verkehrsberuhigungen, um Radfahrern einen sicheren und reibungslosen Verkehr zu ermöglichen. Eine solide Radinfrastruktur kann dazu beitragen, die Konflikte zwischen Radfahrern und Autofahrern zu reduzieren und somit das Unfallrisiko zu minimieren.

Hier gibt es in Hamm noch vieles zu tun. Positiv ist zu bewerten, dass die Stadt einige Radverkehrsfurten rot eingefärbt hat. Doch das ist viel zu wenig, der riesige Nachholbedarf muss konsequent angegangen werden. Hamm benötigt ein echtes Radwegesanierungsprogramm.

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1 Kommentar

Jens · 11. Januar 2024 um 14:30

Es ist fragwürdig, den Senioren einen Anstieg des Unfallgeschehens zuzuschreiben. Mobilität im Alter funktioniert am besten mit elektrischer Unterstützung. Mich würde interessieren, wer die Unfallverursacher sind.

Viel Spaß beim Radfahren
Jens

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