Stadt Hamm will in Radwege investieren

Veröffentlicht von Walter am

Am 15.6.2020 hat die Verwaltung der Stadt Hamm in einer Mitteilungsvorlage an den Rat und die Bezirksvertretungen über den Stand der Radverkehrsförderung und über das neue Radwege-Bauprogramm informiert. Die komplette Mitteilung und die Anhänge sind unten verlinkt. Hier ein Auszug:

Radweg Wilhemlstraße

Das neue Radwege-Bauprogramm soll auf diesem Routennetzaufbauen. Ziel ist es, mit entsprechenden Sanierungs-Aus-und Neubaumaßnahmen sukzessivealle Haupt-und Stadtbezirksrouten auf den heutigen Stand der Technik zu bringen. Hier spielen neben den veränderten Anforderungen aus Richtlinienund Normen auch der sich ändernde Fahrradbestand einschließlich der damit verbundenen höheren Fahrgeschwindigkeiten wichtige Rollen. Das Netz soll alltagstauglicher, wartungsärmer und sicherer werden.

Um für möglichst viele Radler zügig einen hohen Gebrauchswert zu erreichen, sollen zunächst sukzessive die Fahrrad-Promenade und die Hauptrouten in alle Bezirke ausgebaut werden. Auf diesen Routen bündelt sich der Radverkehr. Sie werden von Schülern, Berufspendlern und Freizeitradlern gleichermaßen regelmäßig genutzt. Ein weiterer Schwerpunkt sind die innerbezirklichen Routen, die in den jeweiligen Radverkehrskonzepten dargestellt sind. Die Planung der einzelnen Maßnahmen erfolgt i.d.R. durch die Verwaltung; bei Bedarf werden aber auch Planungsaufträge vergeben.

Zum Ausbaustandard hat der RVR aktuell für sein Regionalnetz Qualitätsvorgaben entwickelt, die in Abhängigkeit von der Bedeutung der Route, der Verkehrsbelastungund den örtlichen Gegebenheiten auch beim Hammer Radwegebauprogramm berücksichtigt werden sollen (s. Beispielquerschnitte in der Anlage). Eine konkretisierende Festlegung der in Hamm zur Anwendung kommenden Standards wird zu den Maßnahmenvorschlägen erfolgen.

Das Radwegebauprogramm wird erstmalig zum Haushalt 2021/2022 angemeldet. Für 2021 werden zunächst überwiegend Planungskosten vorgesehen. In den Folgejahren soll die Größenordnung ca. 1 Mio. € pro Jahr bei einem Förderanteil von 60-70 % betragen. Die Finanzierungsdetails werden derzeit für die Haushaltsplanberatung aufbereitet. Art und Umfang der einzelnen Baumaßnahmen werden den politischen Gremien zu gegebener Zeit zur Beratung und zum Beschluss vorgelegt.

Mitteilungsvorlage der Stadtverwaltung Hamm

Das hört sich gut an, endlich soll etwas für Radfahrende in Hamm gemacht werden. Auch finde ich es positiv, dass die bestehenden Hauptrouten in die Stadtteile ausgebaut werden sollen. Aber die zur Verfügungen gestellten Mittel werden kaum weiterhelfen.

Der ADFC fordert 30 € pro Einwohner für den Ausbau von Radwegen.

Die angekündigten 1. Mio Euro pro Jahr entsprechen etwa 6 € pro Einwohner. Der ADFC fordert für den Ausbau von Radwegen 30 € pro Einwohner, um ein wirklich brauchbare Radwegeinfrastruktur zu ermöglichen.

Andere europäische Städte investieren deutlich mehr: In Amsterdam sind es laut Greenpeace 11 Euro pro Kopf und Jahr, in Kopenhagen 35,60 Euro. Norwegens Hauptstadt Oslo gibt 70 Euro pro Einwohner und Jahr für den Radverkehr aus, das niederländische Utrecht gar 132 Euro.

https://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/fahrraeder-deutsche-staedte-investieren-laut-greenpeace-wenig-in-sicheren-radverkehr-a-1225249.html

Um wirklich einen deutlichen Anstieg des Anteils der Radfahrenden am Verkehrsmix zu erreichen, muss die Stadt Hamm sich deutlich stärker ins Zeug legen, zumal der größte Teil der Inverstitionen aus Mitteln des Landes oder des Bundes gedeckt werden kann.

Ausbaustandards noch nicht festgelegt

Die Mitteilung der Stadt hält sich bei den Ausbaustandards zurück. Die Hauptrouten in die Stadtteile müssen nach dem Standard der Regionalen Radhauptverbindungen ausgebaut werden, d.h. getrennte Bereiche für Rad- und Fußgänger und Beleuchtung. Das wäre eine deutliche Verbesserung gegenüber der jetzten Situation der ILS-Routen, die an anderer Stelle hier im Blog beschrieben sind. Die Stadtteile liegen fast alle im Umkreis von 8 km um das Zentrum und sind damit in weniger als halben Stunde mit dem Fahrrad ereichbar, wenn man ohne Quängelampeln und möglichst kreuzungfrei fahren kann.

Vor allem sollten keine gemeinsamen Radwege und Gehwege auf den Hauptrouten gebaut werden. Die machen sowohl den Radfahreren als auch den Fußgängern Stress. Die Hauptrouten sollten beleuchtet sein, wie es die Ausbaustandards auch vorsehen. Unter Umständen kann man Solarlampen mit Bewegungsmeldern einsetzten, die nur im Bedarfsfall ihre volle Leuchtstärke entfalten.

Es ist gut, dass die Stadt das Thema Radverkehrsinfrastruktur endlich mal wieder in den Fokus nimmt, aber um wirklich etwas zu bewegen, muss in finanzieller Hinsicht mehr passieren.

Planung durch die Stadt Hamm

Dass die Stadt die Planungen selber durchführen möchte, finde ich bedenklich. Bis jetzt ist die Verwaltung der Stadt Hamm nicht durch Kompetenzen und fortschrittliche Konzepte bei Bau von Radwegen aufgefallen, ganz im Gegenteil. Seit 10 Jahren bestehende Vorgaben zum Ausbau von Radwegen werden nicht eingehalten. Anders sind 75 cm breite Schutzstreifen (Amtsstraße), plötzlich endende Radwege (Goethestraße) oder viel zu schmale Radwege nicht zu erklären.
Anträge in den Bezirksvertretungen für einen sichereren Radverkehr werden von der Verwaltung in vielen Fällen abgelehnt.
Die Stadt sollte lieber auf externe Kompetenzen zugreifen oder ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter intensiv schulen lassen, um zu verstehen, wie der Aufbau einer Radverkehrsinfrastruktur nach holländischem Vorbild funktioniert.


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