Was läuft schief in Hamm mit dem Radverkehr?
Es gibt kein Radverkehrskonzept in Hamm
In Hamm liegt kein Radverkehrskonzept vor. Der Masterplan Mobilität und die Radhauptroutenplanung ersetzen kein Radverkehrskonzept, das auf einer genauen Analyse des Radverkehrs und der bestehenden Bedürfnisse basiert. Die Stadt erhebt auch keine Daten zum Radverkehr in Hamm. Die im Rahmen des Stadtradelns erhobenen Daten werden in Hamm nicht genutzt. Auch für den Masterplan Mobilität wird der Mobilitätsanteil für Hamm nicht neu erhoben. Ohne Daten ist eine systematische Planung aber nur schwer möglich. Die gefühlte Zunahme des Radverkehrs seit der Pandemie und der gestiegene Anteil von Pedelecs bei den Fahrrädern erfordern neue Konzepte, auf die die Stadt aber nicht oder nur unzureichend reagiert.
Viele Maßnahmen im Radwegeausbau werden von den Bezirksvertretungen initiiert, aber ein Konzept für einen Radverkehrsplan, der systematisch den Ausbau und die Sanierung von Radwegen vorsieht, gibt es nicht. Hamm braucht ein durchgängiges und zusammenhängendes Radverkehrsnetz, das ein komfortables, angstfreies und barrierefreies Radfahren ermöglicht. Dazu gehört die Beseitigung diskriminierender Ampelschaltungen, die Beseitigung von Engstellen und unklarer Radverkehrsführung, eine einheitliche und eindeutige Beschilderung der Routen im gesamten Stadtgebiet. Es reicht nicht, mit einzelnen Leuchtturmprojekten (Grünstraße, Goethestraße) zu glänzen, aber die Weiterführung dieser Routen zu vernachlässigen.
www.adfc.de/artikel/qualitaetsanforderungen-fuer-radwegenetze
Es gibt keinen Hauptverantwortlichen in der Stadtverwaltung, der für Radverkehr zuständig ist
Der Fahrradbeauftragte ist derzeit als Werkstudent im Stadtplanungsamt angesiedelt und vor allem für Marketing zuständig. Der ADFC fordert für Hamm einen Radverkehrsbeauftragten mit deutlich mehr Kompetenzen.
Es finden zwar Gespräche zwischen dem ADFC und der Stadtverwaltung statt und der ADFC wird über die Planungen der Radhauptrouten informiert, Vorschläge des ADFC werden aber weitgehend ignoriert.
Der ADFC fordert für Hamm einen Radverkehrsbeauftragten, der auch Ansprechpartner für Parteien und Verbände ist und Entwicklungen und Aktivitäten der Stadt zum Radverkehr dokumentiert.
Radhauptrouten werden geplant – aber kaum umgesetzt
Seit fast zwei Jahren gibt es die Beschlüsse für die Radhauptrouten nach Werries, Uentrop, Braam-Ostwennemar und inzwischen auch nach Westtünnen und Rhynern. Umgesetzt ist so gut wie nichts, für 2023 sind 500 m Dunantweg und die Brücke “Die Dille” geplant. Bei diesem Tempo werden bis 2030 kaum alle Radhauptrouten umgebaut sein.
Die Stadt Hamm drückt sich um einen definierten Standard für die Radhauptrouten. Dieser wird in den Beschlüssen nicht erwähnt. Wünschenswert wäre eine Umsetzung als Radvorrangroute nach H RS der Forschungsgesellschaft für Straßenverkehrswesen (Hinweise zu Radschnellverbindungen und Radvorrangrouten der FGSV 2021), davon sind die Überlegungen der Stadt weit entfernt. Man macht, was ohne größeren Aufwand möglich ist.
Es existiert kein Radwegesanierungsprogramm für die vorhandene Radinfrastruktur
Die Stadtverwaltung will jährlich 1 Mio. Euro für die Sanierung von Radwegen ausgeben. Schaut man sich die Liste der Maßnahmen an, ist nicht ganz klar, ob hier nicht Reparaturen z.B. auf Wirtschaftwegen mit Mitteln der Radverkehrsförderung finanziert werden.
Im Fahrradklimatest hat sich Hamm zwar verbessert, aber schaut man sich die Ergebnisse im Detail an, wird die Qualität der Radwege und die Breite der Radwege immer noch als mangelhaft bewertet. Hamm hat ein ausgedehntes Radwegenetz, aber leider von schlechter Qualität. Fast nirgendwo erreichen die Radwegebreiten die gesetzlich vorgeschriebene Breite von 1,5 m, die für die Anordnung einer Radwegebenutzungspflicht erforderlich ist.
Jahrzehntelang wurde an den Radwegen kaum etwas getan. Die Münsterstraße wurde mit Flüsterasphalt saniert, die Radwege blieben im alten Zustand. Die Radwege auf der Heessener Straße sind unbeschreiblich, ebenso die Wilhelmstraße einschließlich der Bahnunterführung. Aber es passiert nichts, konkrete Vorhaben werden zurückgestellt.
Es ist keine Trennung der Verkehrsräume vorgesehen
Ein modernes und zeitgemäßes Radverkehrskonzept sieht die Trennung der Verkehrsräume für Fußgänger, Radfahrer und Autoverkehr vor. Nicht so in Hamm. Hier wird der Rad- und Fußverkehr systematisch in den Seitenraum der Straßen abgedrängt, um dem Autoverkehr genügend Platz zu lassen. Man muss sich nur die Verkehrsführung für den Radverkehr an vielen Stellen in der Stadt anschauen. Fast überall werden Radfahrende auf nicht benutzungspflichtige Radwege oder sogar auf für Fahrräder freigegebene Gehwege geführt. Beispiele sind die Östingstraße, der Nordenwall, der Westenwall oder die Südstraße. Auf diesen Straßen gibt es keine benutzungspflichtigen Radwege, das Fahren auf der Fahrbahn ist erlaubt, aber kaum ein Radfahrer traut sich dorthin, weil er immer wieder von Autofahrern bedrängt und belästigt wird.
Der ADFC fordert, wo immer möglich, eine Planung, die die Verkehrsräume für die verschiedenen Verkehrsteilnehmer trennt. Dort, wo das Radfahren auf der Fahrbahn erlaubt ist, sollte dies durch Fahrradpiktogrammketten verdeutlicht werden, die laut Erlass des MNUV NRW vom Januar 2023 inzwischen verwendet werden dürfen.
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