Die Ampel steht auf rot

Veröffentlicht von Walter am

Keine Verkehrswende nach einem Jahr Ampel im Bund und zwei Jahren Ampel in Hamm

Rote Ampel

Mit der großen Koalition im Bund war die Hoffnung verbunden, dass endlich auch im Bereich Verkehr die drohende Klimakatastrophe zu einer Änderung der Politik führt. Aber Fehlanzeige, keine Abschaffung klimafeindlicher Subventionen im Verkehr und keine im Koalitionsvertrag angekündigte  Reform von Straßenverkehrsgesetz und Straßenverkehrsordnung. Deutschland verfehlt seine Klimaziele im Sektor Verkehr drastisch – und gibt sich keine Mühe, die gesetzlichen Vorgaben des Klimaschutzgesetzes zu erfüllen. Der Expertenrat Klima gibt Minister Wissing für sein Sofortprogramm eine glatte Sechs.

Initiative zu Tempo 30 des Deutschen Städtetags ohne Hamm

Über 300 Kommunen haben sich in der Initiative „Lebenswerte Städte durch angemessene Geschwindigkeiten“ des Deutschen Städtetages angeschlossen. Die Städte und Gemeinden fordern einen neuen straßenverkehrsrechtlichen Rahmen, der es ihnen ermöglicht, Tempo 30 als angemessene Höchstgeschwindigkeit dort anzuordnen, wo sie es für sinnvoll erachten, auch auf Hauptstraßen.

Hamm ist bei der Initiative des Deutschen Städtetags nicht dabei. Wie ernst nimmt es die Stadt Hamm mit der Verkehrswende? Im Koalitionsvertrag wird Radfahren als die bessere Alternative für den Weg zur Arbeit, für den Schulweg und in der Freizeit versprochen. Dazu gehören auch der Ausbau der Radinfrastruktur und bessere Radwege. Aber was ist in den letzten zwei Jahren hier in Hamm in Sachen Verkehrswende passiert?

Viele Beschlüsse – aber keine Umsetzung

Beschlüsse zum Ausbau der Radinfrastruktur gibt es inzwischen viele, z.B. die Planung einer Protected Bike Lane an der Dortmunder Straße in Herringen und den Umbau der Goethestraße. Die Beschlüsse zu den Radhauptrouten nach Uentrop, Werries und Braam-Ostwennemar wurden schon vor über einem Jahr verabschiedet, in diesem Jahr kamen Westtünnen und Rhynern dazu – doch die Stadtverwaltung hat so gut wie nichts davon umgesetzt, sieht man von der Asphaltierung der Adenauerallee ab.

Adenauerallee – viel zu schmal für einen gemeinsamen Geh- und Radweg

Für die wichtige Radverbindung nach Werries ist dies ein kombinierter Geh- und Radweg, der zwischen Fähr- und Lippestraße nur über eine Breite von 3 m verfügt, was häufig zu Konflikten zwischen Radlern und Spaziergängern führt. Leider ist zu vermuten, dass für die geplanten Radhauptrouten dies insgesamt als Standard vorgesehen ist, d.h. es werden ausschließlich gemeinsame Geh- und Radwege geplant. Auf eine Trennung der Verkehre wird verzichtet. Das ist weder aus Sicht der Radfahrenden noch der zu Fuß gehenden eine gute Lösung. Eine einladende Radinfrastruktur sieht anders aus.

Keine Umverteilung der Verkehrsfläche

Im ersten Jahr der Hammer Ampel wurden viele Umlaufsperren beseitigt und neue Fahrradständer montiert, das machte Hoffnung auf eine grundsätzliche Änderung in Sachen Verkehrspolitik in Hamm. Aber schon bei der Grünstraße wurden die Konfliktlinien zwischen Radverkehr und Autolobby mehr als deutlich. Zwar wurde die Grünstraße, die schon länger Fahrradstraße ist, rot angemalt, die Rampen aus Naturstein wurden beseitigt und die Vorfahrtsregeln geändert, aber es sind nur zwei Parkplätze weggefallen, so dass in einem kurzen Abschnitt nur eine Fahrbahnbreite von gut 2 m übrig bleibt, was bei Weitem nicht dem Ausbaustandard einer Fahrradstraße entspricht. 

Der Heinz-Kruse-Weg wurde zwischen Bahnlinie und Kornmersch nach langer Ankündigung in diesem Jahr asphaltiert. Seitdem hat sich der Radverkehr in diesem Abschnitt deutlich erhöht – gute Radwege bedeuten auch mehr Radfahrende. Aber warum muss der Abschnitt zwischen Bahnlinie und Münsterstraße bei Regen immer noch im Pfützenslalom und verdreckten Rädern bewältigt werden? Und eine Beleuchtung dieser wichtigen Radverbindung zwischen City und Bockum-Hövel ist nicht vorgesehen. Kaum jemand benutzt im Dunkeln die Route über den Heinz-Kruse-Weg und die Kornmersch Richtung Bockum-Hövel und der Nordenstiftsweg ohne Tempo 30, aber mit dem grotesken Überholverbot für einspurige Fahrzeuge, an das sich kaum ein Autofahrer hält, ist keine echte Alternative.

Radwegesanierungsprogramm fehlt

Radwege Heessener Straße

Fast alle wichtigen Hauptstraßen in Hamm haben katastrophale Radwege, viel zu schmal, dafür abgesenkte und häufig mit Natursteinen versehene Einfahrten. Ob Münsterstraße in südliche Richtung, Heessener Straße, Werler Straße, Wilhelmstraße, Dortmunder Straße, Bockumer Weg. Bis auf Teile der Werler Straße sind diese Radwege benutzungspflichtig, obwohl sie die gesetzlichen Anforderungen nicht erfüllen. Ein benutzungspflichtiger Radweg muss mindestens 1,5 m breit sein, bei gemeinsamen Geh- und Radwegen beträgt das Mindestmaß 2,5 m. Wenn die Stadt Hamm aus Gründen der Verkehrssicherheit die Benutzungspflicht auf diesen Straßen beibehält, dann erwartet man eigentlich ein Radwegesanierungsprogramm, um die gesetzlich vorgeschriebenen Vorgaben zu erfüllen. Aber Fehlanzeige, von einem solchen Plan ist nichts bekannt. Stattdessen werden Schutzstreifen auf der Marker Dorfstraße abgefräst.

Masterplan Mobilität

Seit über einem Jahr gibt es den Beschluss zum Masterplan Mobilität, in dem sehr konkrete Zeitangaben zu einem Beteiligungsverfahren im Jahr 2022 enthalten sind. Seit diesem Beschluss gibt es keine Mitteilung der Stadt über eine entsprechende Vergabe, allenfalls Gerüchte, und die Zeitpläne sind inzwischen obsolet. 

Beschlüsse zu fassen, die anschließend nicht umgesetzt werden, bringt nichts. Planungen brauchen Zeit, aber an vielen Stellen könnte man schon mal anfangen, stattdessen werden nur von Parteien oder Bezirksvertretungen getriebene Einzelprojekte wie die Grünstraße, die Beleuchtung des Kohlenbahntrasse oder die Heithofer Allee realisiert ohne Einbindung in einen übergeordneten Radwegeplan.

Hamm will klimaneutral werden

Bis zum Jahr 2035 möchte die Stadt Hamm klimaneutral sein. Um dieses Ziel zu erreichen, muss auch der Mobilitätssektor seinen Beitrag leisten. Dazu reicht es nicht, den motorisierten Individualverkehr zu elektrifizieren, sondern es benötigt eine echte Verkehrswende, d.h. weniger Autos, besseren ÖPNV und verstärkte Förderung des Fuß- und Radverkehrs. Aber die Hammer Politik und Stadtverwaltung vermitteln nicht den Eindruck, mit Nachdruck an der Verkehrswende zu arbeiten, vielmehr werden die Privilegien des motorisierten Verkehrs hochgehalten.

 „Wir sind die letzte Generation, die etwas gegen den Klimawandel tun kann“, hat Barack Obama  2015 gesagt. Wenn man sich die Situation (nicht nur) im Verkehr anschaut, kann man die Wut und Verzweiflung der Klimaaktivisten der “Letzten Generation” gut verstehen. Es ist allerhöchste Zeit zu handeln.


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